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Die Vorratsdatenspeicherung – der Staat hört mit!

Was genau ist Vorratsdatenspeicherung & wie ist der aktuelle Stand?

Auch wenn das Handy nach wie vor mit Telefonie gleichgesetzt wird, ist es längst über seine bloße Funktion als schnurloses Telefon hinausgewachsen. Vielmehr sind die Geräte Mini-Computer, welche eine Vielzahl an Nutzungsmöglichkeiten bieten. Vom Wecker bis zum Gruppenchat, sowohl im privaten als auch beruflichen Bereich deckt das Smartphone eine breite Palette an Aufgaben ab.

Das mobile Telefon ist nicht nur ein modernes Statussymbol, sondern für den Großteil seiner Nutzer eine Existenzgrundlage. Vernetzt und immer erreichbar zu sein, ist dabei die oberste Prämisse. Menschen sind quasi rund um die Uhr online. Diese Verlagerung in das Internet bringt jedoch nicht nur Annehmlichkeiten für den Einzelnen - es macht ihn vor allem gläsern. Vorratsdatenspeicherung ist ein Schlagwort, welches bei diesem Thema durch sämtliche Diskurse geistert. Doch was ist damit eigentlich gemeint? Wir haben beim Berufsverband der Rechtsjournalisten e.V. nachgefragt.

Zum Begriff der Vorratsdatenspeicherung

Tor zur Welt: Das Smartphone

Mobiles Tor zur Welt
(© Gunnar Assmy)

Vorratsdatenspeicherung (auch: Mindestdatenspeicherung bzw. Speicherfrist) bedeutet, wie der Name schon sagt, das Speichern von Daten auf Vorrat. Das klingt erstmal unverfänglich, doch es stellt sich natürlich die Frage, wer denn da was und warum speichert. In den öffentlichen Debatten ist in der Regel, wenn von Vorratsdatenspeicherung gesprochen wird, spezifisch die Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsanbietern gemeint.

Diese Vorratsdatenspeicherung wird also nicht von wirtschaftlich orientierten Unternehmen, sondern von öffentlichen Stellen vorgenommen. Dabei werden personenbezogene Daten bzw. „Verkehrsdaten“ der Nutzer grundsätzlich gespeichert, ohne dass eine Bedrohung, ein Verdacht oder ein anderer konkreter Grund vorläge. Dieser Vorgang ist in den meisten Fällen staatsrechtlich legitim. Der Paragraph 96 des Telekommunikationsgesetztes definiert als Verkehrsdaten:

Verkehrsdaten aus Telefonie, E-Mail, Messenger & Co.

Konkret bedeutet das: wer mit wem wie lange von wo über welchen Anbieter kommuniziert hat, wird durch die Vorratsdatenspeicherung erfasst. Das gilt jedoch nicht nur für Telefonie, sondern für Nachrichtendienste allgemein, sei es der E-Mail-Account, Chatforen oder Messenger-Dienste.

Die Rechtfertigung für solche Maßnahmen sind mit Sicherheitsvorkehrungen begründet. So sollen mafiöse Strukturen, Kinderpornographie und vor allem Terrorismus aufgedeckt werden.

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Die Vorratsdatenspeicherung in der EU

Wem bei diesen Beschreibungen dystopische Bilder á la Orson Wells und „1984“ in den Sinn kommen, der mag gar nicht so falsch liegen. Auch wenn sich Benutzer im Durchschnitt wenige Gedanken über ihren "digital footprint" machen, ist das Internet ganz und gar nicht anonym. Oft wird ignoriert, warum Kommunikations – und Onlinedienste unseren Bedürfnissen so gut entsprechen: Durch das Sammeln und den Verkauf von Daten.

Die Europäische Union ist bestrebt, verbindliche Regelungen für Ihre Mitgliedsstaaten durchzusetzen und ihrem Wertekatalog von Demokratie und Liberalismus zu entsprechen – was sich bei diesem Thema seit Jahren als äußerst schwierig erweist.

Vorratsdatenspeicherung und deren gesetzliche Verankerung ist eine Problematik, welche nach wie vor in Bewegung ist. Viel ist am Entstehen, viel wird auch wieder abgeschmettert. Über den Verlauf der letzten Jahre wurden Anstrengungen unternommen, eine einheitliche Regelung für die Vorratsdatenspeicherung zu finden, welche mit dem persönlichem Recht und dem Schutz des Einzelnen vereinbar sind.

So wurde 2006 die EU-Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung veröffentlicht, die planmäßig bis 2007 bzw. 2009 in den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden sollte. Sie wurde jedoch 2014 vom europäischen Gerichtshof für ungültig erklärt, da sie „im großen Ausmaß“ und „besonderer Schwere“ in die Grundrechte eingreife. Alle vorher erhobenen Daten in den einzelnen Ländern seien deshalb zu löschen.

Zudem wurde 2016 auch die allgemeine Verpflichtung der Vorratsdatenspeicherung für Betreiber seitens der Mitgliedstaaten als unzulässig erklärt. Anfang Juli 2017 wurden neue Gespräche der EU-Staaten aufgenommen, um eine europagültige Regelung in die Wege zu leiten.

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Der aktuelle Stand

Im Moment ist die Vorratsdatenspeicherung mehr oder weniger Ländersache. In Deutschland gilt seit dem 10. Dezember 2015 das „Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“. Dies soll das Problem der ungültig erklärten EU-Richtlinie durch eine kurze Speicherdauer und eine begrenzte Einsicht von außen umgehen.

Dies geschieht dadurch, dass zwar eine Pflicht der Telekommunikationsanbieter vorgesehen wird, im Einzelnen bezeichnete Verkehrsdaten für eine beschränkte Zeit zu speichern, die Erhebung der Daten durch staatliche Stellen aber nur unter sehr engen Voraussetzungen ermöglicht wird.

Dennoch wurde in diesem Jahr ein Gesetz vom Bundesrat genehmigt, laut welchem die persönlichen Messengerdienste durch die staatliche Installation einer „Schnüffelsoftware“ abgehört und mitgelesen werden können – dies wird durch einen richterlichen Beschluss legitimiert. Das Gesetzt ist nach wie vor viel umstritten und stark kritisiert.

Datenspeicherung: Die moderne Dauerkontroverse

Spätestens seit den Enthüllungen von Edward Snowden im Jahr 2013 schlägt das Schlagwort „Datenspeicherung“ hohe Wellen. In dem Spannungsfeld Freiheit versus Sicherheit sammeln sich Fragen nach Profit, Menschenrechten und notwendiger Kontrolle. Die Diskussionen involvieren die mächtigsten Regierungen, die marktstärksten Unternehmen und im weitesten Sinne auch jeden, der das Internet nutzt.

Auch das Thema Vorratsdatenspeicherung kratzt dabei an einem viel größerem Problem: die fehlende Regulierung des Internets von außen. Das "world wide web", wie es der Großteil aller Menschen heutzutage kennt und nutzt, hat sich äußerst rasant und allumfassend ausgebreitet, bevor solche Folgen überhaupt absehbar waren. Bis heute ist es, aller Bemühungen zum Trotz, nach wie vor ein Platz ohne einheitliche Regeln. Eine staatenübergreifende, allumfassende Regulierung wird in Zukunft jedoch unvermeidbar.

Wann dies der Fall sein wird und wie die Umsetzung konkret aussieht, kann vom heutigen Standpunkt nur spekuliert werden. Bis dahin bleibt auch die Vorratsdatenspeicherung ein heißes Thema, welches vielen Änderungen unterliegen wird.

FAZIT

Eine staatenübergreifende Regulierung des Internets wird kommen, doch ob dies über die Vorratsdatenspeicherung realisiert wird oder andere Mechanismen zum Tragen kommen, kann noch niemand sagen.

Wenn man sich alle relevanten Themen und Argumente zu Gemüte führt, leuchten aus gesellschaftlicher / solidarischer Sicht die Gründe für eine Regulierung des Internets zwar sehr schnell ein, doch die bisherigen Regulierungsversuche wurden zurecht vom europäischen Gerichtshof widerrufen. Es gilt abzuwarten, wie sich das Thema weiterentwickelt - es bleibt auf jeden Fall spannend.

Weitere juristische Infos & Einschätzungen

Weitere Informationen zum Thema Datenschutz im Internet finden Sie bei www.datenschutz.org. Dieses kostenlose Ratgeberportal des Berufsverbands der Rechtsjournalisten e.V. bietet zudem viele weitere Informationen rund um das Thema Datenschutz, wie etwa den öffentlichen Datenschutz, Datenschutz im Arbeitsrecht und Rechte des Betroffenen.

Der BvDR e.V. ist der Zusammenschluss von Rechtsjournalisten und Rechtsanwälten aus ganz Deutschland, die Rechtsbeiträge zu verschiedensten Themen auf diversen Portalen (arbeitsvertrag.org, scheidung.org, abmahnung.org etc.) veröffentlichen. Wir bedanken uns für die rechtliche und gesellschaftliche Einschätzung für diesen Beitrag.

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